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Was ist eigentlich ein Lebkuchen?

08/07/2022
4 min
Was ist eigentlich ein Lebkuchen?

Lebkuchen: Definition, Geschichte und Bedeutung

Begriff und rechtliche Einordnung

Lebkuchen sind laut Duden „mit Sirup oder Honig und vielen Gewürzen gebackene Kuchen“[1]. Synonyme sind etwa Honigkuchen, Pfefferkuchen oder Printe (in Österreich auch Weinbeißer)[2]. Das österreichische Lebensmittelbuch definiert Lebkuchen allgemein als „gewürzte, süße Backwaren, die in der Regel aus roggenmehl- und honighältigen Teigen hergestellt werden“[3]. In der Feinen Backwaren-Klassifikation gelten Mindestanteile für Nüsse: „Feine Braune Lebkuchen“ müssen mindestens 10 % Mandeln/Haselnuss/Walnuss (etc.) enthalten, „Feinste“ sogar 20 %[4][5]. Geografisch geschützte Bezeichnungen sichern regionale Spezialitäten: So darf „Nürnberger Lebkuchen“ nur in Nürnberg hergestellt werden[6]. Ähnliches gilt für „Aachener Printen“, die (als EU-geschützte geografische Angabe) ausschließlich in einem genau definierten Gebiet um Aachen gefertigt und entsprechend gekennzeichnet werden[7].

Historische Entwicklung

Die Tradition des Lebkuchens reicht weit in die Antike zurück. Bereits in vorchristlichen Kulturen (Mesopotamien, Ägypten) existierten Honigkuchen als Opfergaben oder Grabbeilagen[8]. Auch bei Germanen, Griechen und Römern kann man die Verwendung stark gewürzter Honiggebäcke nachweisen[8]. So prägten etwa Germanen schon Tierfiguren aus Honigteig als Kultgebäck, das bei Festmahlen der Rauhnächte gereicht wurde und mit Seelenspeise-Bräuchen verbunden war[9]. Im Mittelalter wurden Lebkuchen besonders populär: Mit den Kreuzzügen kamen exotische Gewürze nach Europa, und die Bienenhaltung in Klöstern lieferte Honig. Lebkuchenbäcker („Lebküchler“ oder „Pfefferküchler“) organisierten sich in Zünften (erste Lebküchlerzunft 1293 in Schlesien, München 1474)[10]. Selbst in Nürnberg kämpften Lebkuchenhandwerker noch bis 1643 um Zunftanerkennung[10]. In der Frühen Neuzeit wurden modelgeformte Lebkuchen als Pilgersouvenirs oder politisches Propagandamittel verbreitet[11]. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ermöglichten billigere Süßungsmittel (Rübenzucker) die industrielle Massenproduktion von Lebkuchen – sie wurden nun ganzjährig als Jahrmarkt- oder Weihnachtsgebäck hergestellt[11].

Zutaten und Herstellungsverfahren

Traditionell wird Lebkuchenteig aus Mehl (oft Roggen- oder Weizenmehl), Süßstoff (Honig und/oder Zucker) und Eiern zubereitet[12]. Charakteristisch ist, dass viel Honig (oder Sirup) zum Süßen verwendet wird, dagegen kaum Wasser, Fett oder Milch[12]. Verfeinert wird der Teig durch Gemische aus Lebkuchengewürzen: üblich sind Zimt, Nelken, Kardamom, Muskat, Piment, Anis und weitere Gewürze[12]. Oft kommen gehackte Nüsse oder Mandelstifte und kandierte Früchte (Orangeat, Zitronat) hinzu. Für die Lockerung nutzt man traditionelle Triebmittel wie Hirschhornsalz und Pottasche[13]. Ein typisches Merkmal vieler Lebkuchen ist das Backen auf dünnen essbaren Oblaten, damit der Teig nicht am Blech kleben bleibt.

Die Lebkuchen-Backstände auf Weihnachtsmärkten (hier am Nürnberger Christkindlesmarkt) zeigen das vielfältige Angebot: Herzen, Sterne, Oblaten- und Schokogebäck. Lebkuchen werden oft in festlichen Formen und mit Zuckerguss verziert und sind fester Bestandteil der Weihnachtsbäckerei[14].

Eine besondere Herstellungsform sind Elisenlebkuchen (typisch Nürnberger Lebkuchen): Sie bestehen aus einer fast mehlfreien Makronenmasse, das heißt höchstens 10 % Getreidemehl und dafür mindestens 25 % Nüsse (Mandeln, Haselnüsse, Walnüsse)[15]. Das österreichische Lebensmittelbuch beschreibt Elisenlebkuchen als aus gewürzter Makronenmasse bestehend[3]. Wegen ihres hohen Nussanteils (und teils zusätzlichem Marzipan) gelten sie als besonders fein und saftig. Nach den Leitsätzen für feine Backwaren erfordern daher „Feinste Lebkuchen“ einen Nussanteil von mindestens 20 %[5].

Regionale Varianten

  • Nürnberger Lebkuchen (PGI): Die berühmten Nürnberger Lebkuchen werden traditionell in Nürnberg gefertigt. Sie kommen in verschiedenen Formen (rund, oval, Herzen, Streifen) und Ausführungen (mit Schokolade, Zuckerguss etc.) vor. Besonders bekannt sind die Elisenlebkuchen aus Nürnberg (s.o.). Als EU-geschützte Ursprungsbezeichnung dürfen nur Lebkuchen aus Nürnberg diesen Namen tragen[6].

  • Aachener Printen (ggA): Ein würziges Lebkuchen-Gebäck aus Aachen. Typisch sind braune Kandis-Krümel im Teig und eine spezielle Gewürzmischung[16]. Der Ursprung liegt in einem mittelalterlichen Pilgerbrot. Auch Printen dürfen nur in einem abgegrenzten Gebiet um Aachen hergestellt werden[7].

  • Pulsnitzer Lebkuchen/Pfefferkuchen: Diese sächsische Spezialität (oft Pfefferkuchen genannt) hat eine besonders aufwendige Herstellung. Typischerweise wird ein Roggen-Weizen-Mischteig mit Honig/Sirup angesetzt, der über Wochen bis Jahre reifen darf[17]. Dazu kommen Gewürze wie Zimt, Kardamom, Fenchel, Muskat und weitere, sowie Hirschhornsalz oder Pottasche zum Backen[17][13]. Die Marke „Pulsnitzer Lebkuchen“ ist gesetzlich geschützt – das Gebäck darf nur in Pulsnitz produziert werden[18].

  • Basler Läckerli: Ein traditionelles Schweizer Lebkuchen-ähnliches Gebäck aus Basel. Es wird aus Weizenmehl, Honig, kandierten Früchten (Orangeat, Zitronat) und Nüssen (Haselnüsse, Mandeln) hergestellt[19]. Der flach ausgewallte Teig wird nach dem Backen mit Zuckerglasur überzogen und warm in Rauten geschnitten[19]. Basler Läckerli sind ein fester Bestandteil der Schweizer Weihnachtsbäckerei.

Weitere regionale Varianten (nicht umfassend) sind etwa Coburger Schmätzchen, Pfeffernüsse aus Norddeutschland oder Liegnitzer Bomben (Schlesien)[20]. Jede Region pflegt eigene Rezepturen und Traditionen, doch alle zeichnen sich durch honig-würzige Zutaten und lange Haltbarkeit aus.

Kulinarische und kulturelle Bedeutung

Lebkuchen gelten als klassisches Weihnachtsgebäck im deutschen Sprachraum[14]. Auf Weihnachtsmärkten sind Lebkuchenstände allgegenwärtig[14] und aromatisch gewürzte Lebkuchenfiguren (Sterne, Herzen, Kränze etc.) beliebte Artikel. So werden seit dem 16. Jahrhundert auch Lebkuchenhäuser (sogenannte Pfefferkuchenhäuser oder „Hexenhäuser“) gefertigt – eine Tradition aus Märchen wie Hänsel und Gretel[21], die sich heute über Europa verbreitet hat.

Lebkuchenherzen sind ein typischer Brauch auf Volksfesten. Sie werden traditionell mit buntem Zuckerguss und Liebessprüchen verziert und als Anhänger oder Geschenk verkauft. Besonders bekannt sind die großen Lebkuchenherzen auf dem Oktoberfest: Seit den 1950er Jahren schmücken Herzformate mit Zuckerschrift die Münchner Wiesn[22]. Heute werden auf dem Oktoberfest über eine halbe Million Lebkuchenherzen pro Jahr verkauft[23]. Ihre süß-würzige Präsenz macht Lebkuchen zu einem festen Kulturgut bei Festen und Feierlichkeiten.

Quellen: Definitionen aus Duden und Lebensmittellexika[1][3]; historische Abhandlungen[8][10][11]; gesetzliche Vorgaben (EU-geschützte Bezeichnungen)[6][7]; Fachliteratur über Herstellung und Zutaten[12][15]; regionale Spezialitätenberichte[16][17][19]; Artikel zu Lebkuchentraditionen[14][24][22][23].


[1] [2] Lebkuchen ▶ Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft | Duden

https://www.duden.de/rechtschreibung/Lebkuchen

[3] Österreichisches Lebensmittelbuch – 2.3.4.13 Lebkuchen | Österreichisches Lebensmittelbuch

https://www.lebensmittelbuch.at/lebensmittelbuch/b-18-backerzeugnisse/2-backwaren/2-3-feine-backwaren/2-3-4-einteilung/2-3-4-13-lebkuchen

[4] [5] europa-lehrmittel.de

https://www.europa-lehrmittel.de/media/e9/c5/62/1633086930/medialink_pfanneberg_technologie_backwarenherstellung_598548.pdf?srsltid=AfmBOorFzZo2or8lBnJ-9yioweW2HRa7Bk1NnnqBCtMj91_XY_WKIcqO

[6] Lebensmittel: Geschützte Herkunftsangaben

https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/kennzeichnung/echtheit_herkunft/herkunftsangaben.htm

[7] [16] Kopfbogen

https://www.lanuk.nrw.de/fileadmin/lanuv/presse/dokumente/2021_12_02-PM_Aachener-Printen.pdf

[8] [9] [10] [11] Der Lebkuchen - Universität Regensburg

https://www.uni-regensburg.de/bibliothek/katharinenspital/lebkuchen/index.html

[12] [22] [23] Was ist eigentlich ein Lebkuchenherz? | Oktoberfest Tickets & Services

https://oktoberfest-besuch.de/lebkuchenherz/

[13] [17] Pulsnitzer Pfefferkuchen – Wikipedia

https://de.wikipedia.org/wiki/Pulsnitzer_Pfefferkuchen

[14] [20] [21] [24] Lebkuchen – Wikipedia

https://de.wikipedia.org/wiki/Lebkuchen

[15] (PDF) Autofocusing MALDI MS imaging of processed food exemplified by the contaminant acrylamide in German gingerbread

https://www.researchgate.net/publication/369760413_Autofocusing_MALDI_MS_imaging_of_processed_food_exemplified_by_the_contaminant_acrylamide_in_German_gingerbread

[18] Entdecke das Geheimnis des Pulsnitzer Lebkuchens: Das ultimative sächsische Traditionsrezept! | Rehmann Schokolade GmbH

https://schoggikurs.ch/der-blog/rezept-pulsnitzer-lebkuchen.html

[19] Basler Läckerli – Wikipedia

https://de.wikipedia.org/wiki/Basler_L%C3%A4ckerli